Montag, 4. Dezember 2017

Weg nach Gletsch

Die Sonne brannte heiß auf das obere Rhônetal. Die Quelle des Rhône oder Rotten, wie die Einheimischen Walser sagten, war nicht weit. Er stieg den Hang hinauf in Richtung des Dorfes Gletsch, das sich direkt an den Ausläufern des bekannten Rhônegletschers befand, auch wenn sich die Gletscherzunge im Laufe der letzten Jahrzehnte sehr weit in ein Seitental zurückgezogen hat.
Sein Weg führte ihn nun über eine Almwiese. Wenige Meter vor sich sah er ein paar Pferde. Welch ein seltener Anblick! Normalerweise trifft man hier eher Kühe an. Es handelte sich um drei Stuten und drei Fohlen. Langsam näherte er sich der kleinen Gruppe. Eine der Stuten war gerade dabei ihr Fohlen zu säugen und ihr Blick signalisierte ihm, dass er unerwünscht war und dem Tier besser nicht zu nahe kommen sollte. Rücksichtsvoll machte er einen kleinen Bogen um die Gruppe, die direkt auf dem Weg stand und ihn streng musterte. Als er beinahe an ihnen vorbei war, betrachtete er den Bergpfad vor sich. War das der Weg nach Gletsch? Suchend schaute er sich um. Nirgendwo ein Schild zu sehen und auch sonst kein Hinweis. Er suchte nach der bekannten weiß-roten Markierung, konnte aber nichts entdecken. Er drehte sich um und schaute die Pferde an. Die Stute, welche ihm am nächsten stand, erwiderte seinen Blick.
„Ist das hier der richtige Weg nach Gletsch?“, fragte er, einer plötzlichen Eingebung folgend.
Das Pferd nickte mit dem Kopf.
„Danke schön“, sagte er und setzte seine Wanderung fort.
Einige Meter weiter ging der schmale Bergpfad in eine regelrechte Kletterstrecke über. War das wirklich der richtige Weg oder hatte das Pferd unrecht? Er entschloss sich weiterzugehen, oder genauer gesagt, zu klettern, denn nun ging es nur noch auf allen vieren weiter. Aber schon hinter der nächsten Biegung konnte er die Hausdächer von Gletsch und dahinter den Rhônegletscher sehen. Das Pferd hatte ihm den richtigen Weg gewiesen.

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