Montag, 4. Dezember 2017

Fernausleihe

Vorsichtig klopfte er an die geschlossene Milchglasscheibe des Schalters für die Fernausleihe. Er wollte ein Buch aus einer anderen Universitätsbibliothek ausleihen und benötigte dafür eine sogenannte Fernausleihnummer. Diese war gebührenpflichtig und musste an diesem Schalter käuflich erworben werden. Es dauerte eine Weile, bis die Scheibe schließlich zur Seite glitt und das Gesicht einer Frau erschien. Mit glasigen Augen und einem seligen Lächeln schaute sie ihn an.
"Ja?"
"Ich hätte gerne eine Fernausleihnummer", sagte er.
"Ja, gerne", antwortete die Frau, immer noch mit einem seligen Lächeln auf den Lippen.
Dann wog sie herum und schwebte hinüber zum Büroschrank. Sie drehte ihm kurz den Rücken zu und schwebte kurz darauf zurück an den Schalter.
"Hier, bitte sehr", sagte sie. "eins fünfzig."
Leicht irritiert legte er das Geld auf den Tresen und bedankte sich.
"Bitte sehr", antwortete die Frau. "Und einen schönen Tag noch."
"Danke gleichfalls, sagte er. Dann schloss sich die Milchglasscheibe wieder.
Nachdenklich drehte er sich herum und verlies den Gang in Richtung Ausleihschalter. "Was immer diese Frau eingenommen hat", dachte er. Hoffentlich hat sie ein ärztliches Rezept dafür.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen